In der Welt des Fixed Mindset ist der gute Schüler klug, der Spitzensportler talentiert. Es wird die Intelligenz des Schülers gelobt („Karl ist so ein kluger Bursche.“) und das Talent des Sportlers („Bodo der Boxer mit seinem unorthodoxen Stil ist ein Naturtalent.“). Das Problem bei diesem Mindset ist, dass angeblich fixe, angeborene, unveränderliche Fähigkeiten oder Eigenschaften gelobt werden, nicht jedoch das Kontrollierbare: Anstrengung.
Langfristig haben fixe Mindsets häufig negative Auswirkungen. Angenommen, der kluge Karl bekommt eine schlechte Note, weil er sich unzureichend vorbereitet hat. Nach der Logik des Fixed Mindset spielt Anstrengung eine untergeordnete Rolle, die Hauptlast an der schlechten Note würde also die angeborene Fähigkeit – seine geliebte Klugheit! – tragen. Aber er ist doch nicht dumm! Das kann nicht sein! Ein Ausweg muss her. Die schlechte Leistung wird auf etwas unkontrollierbares fernab von der eigenen Fähigkeit abgeschoben: „Der Lehrer mag mich nicht.“, „Ich war etwas krank.“, „Mein Tischnachbar hat mich mega abgelenkt.“. Eine davon sollte es tun.
Das Problem bei diesem Mechanismus ist langfristig, dass nicht die Anstrengung hochgefahren wird – an der hat es ja angeblich nicht gelegen – sondern lediglich der Selbstwert durch Ausreden geschützt, bzw. der unerträgliche Zustand eines für ein Mindset, das nur von unveränderlichen Fähigkeiten ausgeht, unerklärlichen Ereignisses durch Schuldzuweisungen aufgelöst wird. Karl wird langfristig immer ausgeklügeltere Ausreden finden, statt seine Anstrengung hochzuschrauben.
Ebenso können positive Ergebnisse mit einem starren Fixed Mindset langfristig weniger gute Folgen haben. Angenommen, Bodo der Boxer gewinnt ein paar Kämpfe und wird stets für sein herausragendes Talent gelobt. Mit der Zeit wird Bodo immer selbstbewusster. Die Reporter feiern Ihn. Er führt seine Gegner an der Nase herum, gewinnt jeden Kampf wie von alleine, ist ein Superstar. Er wird immer weiter hereingezogen in den Glauben, dass er etwas ganz besonderes ist, genetisch auserwählt, den Ring zu dominieren. Doch plö-
Vorbei.
So, wie man erst beim aufwachen begreift, dass man eingeschlafen war, hat Bodo erst gemerkt, dass er von seinem zweitklassigen Gegner auf die Bretter geschickt worden war. Gänzlich unverhofft. Den Kinnhaken hatte er nicht kommen sehen. Er hatte sich in der Sicherheit seines so hoch gelobten Talents gewogen und den Fokus beim Training verloren. Er hatte es nicht mehr ernst genommen und glaubte tief innen, dass er es eigentlich nicht wirklich nötig habe, sich stetig weiterzuentwickeln. Er glaubte an eine Sonderposition durch sein Talent, während sich seine Konkurrenten stetig schneller und schneller weiterentwickelt haben und ihn schließlich schlagartig folgende Wahrheit demonstriert haben: Jeder kann seine Fähigkeiten entwickeln, jeder kann wachsen.
Willkommen in der Welt des Growth Mindset, wo sich Potential mit höherer Wahrscheinlichkeit entfalten kann, weil es überhaupt die Chance dazu bekommt…